Putzen der Stolpersteine

Sie hätten auch eine längere Arbeit in ihrem Lieblingsfach schreiben können. Aber diese Schülerinnen und Schüler der Q1, der früheren 11, beschäftigen sich lieber mit dem dunkelsten Kapitel der deutschen Vergangenheit – der Verfolgung und Ermordung der jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger im Nationalsozialismus. „Digitale Stolpersteine“ heißt der Projektkurs des Weser-Gymnasiums, den sie gewählt haben. Im Mittelpunkt stehen die  Vlothoer Juden.

41 so genannte Stolpersteine mit Namen, Geburts- und Sterbedaten waren in den Jahren 2006 und 2007 für die Holocaust-Opfer der Weserstadt verlegt worden. Der Kölner Künstler Gunter Demnig hatte die zehn mal zehn Zentimeter großen Steine, die mit einer Messingkappe versehen sind, vor den damaligen Häusern oder Wohnungen der jüdischen Bürgerinnen und Bürger in das Pflaster eingefügt. Die von der Mendel-Grundmann-Gesellschaft aufgegriffene Initiative zur Stolperstein-Verlegung war von dem kleinen Verein Moral und Ethik ausgegangen. Im Laufe der Jahre waren die ursprünglich hell glänzenden Stolpersteine immer dunkler geworden.

Schüler erinnern mit Projektarbeit

„Die Stolpersteine sind irgendwann schon einmal geputzt worden“, sagt Volker Junghärtchen, der den Projektkurs als Religions- und Geschichtslehrer gemeinsam mit seiner Kollegin, der Religions- und Mathematik-lehrerin Frederike Weißphal betreut. Mit Spezialreiniger, Wasser und Kraft haben die Schülerinnen und Schüler in dieser Woche alle Stolpersteine gereinigt, sodass die Passanten sie wieder besser wahrnehmen können.

Der Projektkurs ist nach den Sommerferien gestartet. Quasi als Paten haben sich Schülerinnen und Schüler jeweils mit einem der verfolgten und ermordeten Vlothoer Juden oder auch mit einer Familie beschäftigt. Sie haben die Lebensläufe erarbeitet und stellten sie im Unterricht in Referaten vor. Die Gedenkfeier am 10. November am jüdischen Ehrenmal wollten sie mitgestalten, wegen der Corona-Pandemie musste die Gedenkfeier auf ein stilles Gedenken mit Kranzniederlegung reduziert werden.

Laura Treu und Stina Brandt zum Beispiel sind durch die Arbeit im Projektkurs zu Expertinnen für die Familien Grundmann und Rüdenberg geworden. „Wir finden es sehr spannend, etwas mehr über Vlotho und das Schicksal ehemaliger Einwohner zu erfahren“, sagen sie. Ähnlich sieht das Maximilian Schaffrin. Er habe schon etwas Vorwissen über die NS-Zeit gehabt, sagt der junge Mann, „aber ich wusste nicht, was damals in Vlotho los war“.

QR-Codes für die Stolpersteine

Doch mit dem Putzen der Stolpersteine und den Referaten ist es in dem Projektkurs nicht getan – schließlich heißt das Thema ja „Digitale Stolpersteine“. Aus den einzelnen Referaten werden in den nächsten Wochen kürzere Info-Texte für eine Homepage erstellt. Die Informationen über das Schicksal der 41 ehemaligen Bürgerinnen und Bürgern Vlothos können später bei einem Stadtbummel zum Beispiel über in der Nähe der Stolpersteine angebrachte QR-Codes dauerhaft abrufbar gemacht werden.

„Am Ende der Q1 haben die Schülerinnen und Schüler statt einer Facharbeit eine Homepage zur Stadtgeschichte erstellt“, sagt Volker Junghärtchen, der auch Vorstandsmitglied der Mendel-Grundmann-Gesellschaft ist.

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